Top - Beiträge

Der Wasser-Nase-Reflex schützt vorm Ertrinken

Eigentlich sollten wir Taucher den Wasser-Nase-Reflex toll finden, denn er schützt uns vor dem Ertrinken. Dennoch stehen viele Taucher mit ihm auf Kriegsfuß. Doch warum ist es wichtig, den Wasser-Nase-Reflex zu beherrschen und wie macht man das überhaupt? Hier unsere Tipps und Tricks.

Nicht allen, aber doch vielen Tauchern geht ein kleines Kribbeln durch die Magengegend, wenn sie an den Wasser-Nase-Reflex denken. Selbst manchen erfahrenen Tauchern ist es ein Graus, zum Beispiel beim Check-Dive unter Wasser die Maske abzunehmen. Schuld ist der Wasser-Nase-Reflex, jedenfalls dann, wenn er nicht abtrainiert worden ist. Der Wasser-Nase-Reflex ist allerdings nicht nur eine Unannehmlichkeit beim Check-Dive, sondern kann zu fatalen Tauchunfällen führen. Deshalb muss das Thema von Tauchern ernst genommen werden.

Was ist der Wasser-Nase-Reflex?
Taucht der menschliche Körper ins Wasser, setzt der sogenannte „Tauchreflex“ ein: die Herzschlagfrequenz verlangsamt sich, die Blutzirkulation wird auf den Körperkern zentralisiert und der Wasser-Nase-Reflex setzt ein. Das soll die optimale Nutzung des (restlichen) Sauerstoffs im Blut sichern und ein Ertrinken durch unbeabsichtigtes Einatmen von Wasser verhindern.

Der Wasser-Nase-Reflex setzt ein, wenn die oberen Nasenschleimhäute mit Wasser in Berührung kommen. Eventuell spielen auch Rezeptoren im Gesicht als Auslöser eine Rolle. Durch den Wasserkontakt wird ein Impuls an das zentrale Nervensystem gesandt, der zum Schutz vor dem Ertrinken einen kurzfristigen Atmungsstopp auslöst.

Löst dann jedoch der steigende CO2-Partialdruck im Blut den Atemreiz aus, werden Taucher ohne Beherrschung des Wasser-Nase-Reflexes gleichzeitig durch Mund und Nase und damit eine ordentliche Portion Wasser einatmen. Es gilt daher, die Mund-Nase-Koordination so zu trainieren, dass unter Wasser durch den Mund (=Atemregler) ein- und durch die Nase ausgeatmet werden kann. Das ist für viele Taucher schwieriger als es zunächst klingt. Was über Wasser auf Anhieb funktioniert, ist unter Wasser gar nicht so einfach.

Welche Gefahren birgt der Wasser-Nase-Reflex für Taucher?
Ist der Wasser-Nase-Reflex bei Säuglingen noch voll ausgeprägt, lässt er schon nach wenigen Lebensmonaten nach.

Bei Erwachsenen ist der Wasser-Nase-Reflex daher individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Nicht jeder Taucher hat automatisch Probleme damit. Bei mangelndem Training kann der Reflex aber bei einigen Tauchern zu ernsthaften Problemen führen.

Zum Beispiel wenn
• die Maske schlecht sitzt oder durch Haare Wasser eindringt
• die Maske durch den Sprung ins Wasser vom Kopf rutscht
• das Maskenband unter Wasser reißt
• ein Tauchbuddy die Maske mit einem Flossenschlag versehentlich vom Kopf reißt.
Auslöser können also eigentlich eher harmlose Situationen im Tauchalltag sein. Je nachdem, wie stark der Wasser-Nase-Reflex ausgeprägt ist, kann es zu stoßweisem Atmen oder einer totalen Atemblockade kommen. Setzt dann der Atemreiz ein, werden untrainierte Taucher reflexartig auch durch die Nase einatmen, wodurch Wasser an die oberen Nasenschleimhäute, in den Hals und an die Stimmbänder gelangt. Es folgt ein starker Hustenreiz oder schlimmstenfalls ein bedrohlicher Stimmritzenkrampf.

Ein betroffener Taucher gerät im schlimmsten Fall in eine Erstickungspanik und läuft Gefahr, unkontrolliert aufzusteigen, ohne dabei ausatmen zu können. So kann eine undichte oder verloren gegangene Maske sogar zu einem Lungenüberdruckbarotrauma führen.

Vorsicht: Je kälter das Wasser ist, desto schwieriger ist es auch für geübte Taucher, den Wasser-Nase-Reflex zu beherrschen!
Wie der Wasser-Nase-Reflex funktioniert und welche Probleme er verursachen kann, zeigt nochmal die folgende Übersicht:

Gute Nachricht: Den Wasser-Nase-Reflex kann man beherrschen!

Panikmache ist allerdings sicher nicht angebracht beim Thema Wasser-Nase-Reflex, denn die gute Nachricht lautet: Der Wasser-Nase-Reflex lässt sich durch Übung beherrschen! Allzu häufig wird dies jedoch, weil es mit Unannehmlichkeiten verbunden ist, ausgeblendet. Daher ist es sinnvoll, sich klar vor Augen zu führen, wie wichtig das Training zur Unfallprävention ist.

Ziel des Trainings – das teilweise in der Badewanne durchgeführt werden kann – ist die Beherrschung des Wasser-Nase-Reflexes durch die bewusste Mund-Nase-Koordination unter Wasser. Kurz gesagt: Die Atemphasen sollen getrennt durchgeführt werden können – Einatmung nur durch den Mund (Atemregler), Ausatmung nur durch die Nase (um kein Wasser zu atmen und die Maske ausblasen zu können).

Übungen: Das hilft, den Wasser-Nase-Reflex zu beherrschen

1. Übung: Mund-Nase-Koordination

Die erste Übung erscheint ganz einfach, ist aber für viele Menschen schon ein Hindernis:
1. Einatmen
2. Kopf ins Wasser halten, Augen geöffnet
3. durch die Nase ausatmen
Wenn der Wasser-Nase-Reflex hier einsetzt, ist das Ausatmen durch die Nase nur stoßweise oder überhaupt nicht möglich. Es ist jedoch Voraussetzung für das erfolgreiche Ausblasen der Maske. Daher sollte es von Tauchern unbedingt beherrscht werden.

Wer Schwierigkeiten mit dieser Übung hat, kann sie in drei Phasen trainieren.

Phase 1:
• Einatmen über Wasser durch den Mund
• Gesicht bis zum Mund unter Wasser, Nase über Wasser
• Ausatmen durch die Nase
• Wiederholen

Phase 2:
• Einatmen über Wasser durch den Mund
• Gesicht bis zur Nase unter Wasser, Augen über Wasser
• Ausatmen durch die Nase
• Wiederholen

Phase 3:
• Einatmen über Wasser durch den Mund
• Kopf vollständig unter Wasser, Augen geöffnet
• Ausatmen durch die Nase
• Wiederholen
In der Praxis kommt noch erschwerend hinzu, dass beim Tauchen unter Wasser durch den Mund eingeatmet werden muss. Auch das kann man trainieren. Allerdings sollte vor Durchführung der weiteren Übungen zunächst die obige so oft trainiert werden, bis sie sitzt.

Achtung: Die Wassertemperatur ist wichtig! Diese Übungen können eventuell auch zu Hause in der Badewanne durchgeführt werden. Klar muss aber sein, dass eine Beherrschung des Wasser-Nase-Reflexes in warmem Wasser noch lange nicht heißt, dass es auch in kaltem Wasser funktioniert! Daher sollte man möglichst nicht (nur) mit warmem Wasser trainieren.

2. Übung: Mund-Nase-Koordination mit Schnorchel

Wird die erste Übung beherrscht, werden alle drei Phasen mit dem Schnorchel wiederholt.

Phase 1:
• Gesicht bis zum Mund unter Wasser, Nase über Wasser
• Einatmen über den Schnorchel
• Ausatmen über die Nase
• Wiederholen
Phase 2:
• Gesicht bis zur Nase unter Wasser, Augen über Wasser
• Einatmen über den Schnorchel
• Ausatmen über die Nase
• Wiederholen
Ab hier ist es schwierig, über den Schnorchel einzuatmen, weil dazu das willentliche Verschließen der Nase nötig ist. Das Training wird diese Fähigkeit mit der Zeit verbessern. Das ist durchaus auch Kopfsache und erfordert anfangs Geduld, Konzentration und Überwindung.

Tipp: Falls das Einatmen dauerhaft sehr schwer fällt, hilft es, die Nase beim Einatmen zuzuhalten und/oder die Augen zu schließen. Das ist allerdings nur eine Übungshilfe. Trainiert werden sollte so lange, bis es auch ohne Nasezuhalten klappt!

Phase 3:
• Kopf so weit unter Wasser, dass kein Wasser in den Schnorchel läuft, Augen geöffnet!
• Einatmen über den Schnorchel
• Ausatmen durch die Nase
• Wiederholen

3. Übung: Schnorcheln mit hochgeschobener Maske

Wer in einem Tauchverein regelmäßig am Schwimmbadtraining teilnimmt, kennt diese und ähnliche Übungen vielleicht schon: Im Schwimmbad wird geschnorchelt, während die Maske auf die Stirn hochgeschoben ist und die Augen geöffnet sind.

So wird trainiert, den Wasser-Nase-Reflex auch unter Bewegung und körperlicher Anstrengung zu beherrschen, wie es beispielsweise bei einem Notaufstieg ohne Maske nötig wäre.