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Tauchen in Griechenland – Altertümer, unerforschte Wracks und ein Autofriedhof

Forgotten wreck

In Griechenland ist das Sporttauchen erst seit 2006 erlaubt und mit vielen Einschränkungen verbunden. Tim Ollmann und sein Vater Hartmut geben beeindruckende Einblicke in noch unerforschte Wracks, einen Autofriedhof, jahrhundertealte Altertümer auf dem Meeresboden und eine versunkene Stadt.

Der Urlaub dieses Jahr sollte etwas Besonderes werden. Etwas, das wir lange in Erinnerung behalten würden und was uns in Sachen Tauchen um ein paar Erfahrungen reicher machen würde. Zwei Wochen hatten wir Zeit, in denen wir verschiedene Tauchziele anlaufen, betauchen und erleben können würden. Also machte ich mich Anfang des Jahres an Recherchen, um eine Liste mit möglichen Zielen zusammenzustellen und mit Basen Kontakt aufzunehmen.

Tauchverbot zum Schutz und Erhalt von Altertümern
Bis vor einigen Jahren noch war das Tauchen mit Pressluft in Griechenland verboten. Der Grund war der Schutz und Erhalt von Altertümern, die hier an vielen Stellen auf dem Meeresboden herumliegen. Man musste für jeden Tauchgang eine Erlaubnis beantragen. Erst 2006 wurde ein Gesetz erlassen, welches das Tauchen bis auf einige Stellen erlaubte. Es siedelten sich erste Tauchbasen an der Küste an, der Sport fasste schnell Fuß. Heute hat sich die Anzahl der Tauchbasen vervielfacht.

Dennoch gibt es noch immer große Bereiche an der Küste, in denen schöne, meist sogar unberührte Tauchspots liegen, das Tauchen aber nur mit eigener Ausrüstung und einem eigenen Kompressor möglich ist. Niemand weiß, ob in diesen Gegenden eines Tages Tauchbasen entstehen werden. Unter anderem hängt dies von der Anzahl der Tauchspots im direkten Umkreis ab. Und hier bedarf es noch einer Menge Vorarbeit: Viele Plätze sind noch unentdeckt oder nur teilweise publiziert. Andere Bereiche werden vom griechischen Kulturministerium gezielt unter Verschluss gehalten. Wer hier tauchen möchte, benötigt wie schon vor 2006 noch immer eine explizite Erlaubnis.

Unabhängiges Tauchen mit eigenem Kompressor
Unsere Wahl für den Urlaub fiel auf verschiedene Ziele. Einige davon waren von Land aus betauchbar, für andere war das Anlaufen einer Tauchbasis Voraussetzung. Wir entschieden uns für die Basis Sea Breaze in Piräus, mit der wir drei Plätze betauchten: Eurobulker X, Kyra Eleni und Car Cemetery. Die Basis ist absolut empfehlenswert! Für die weiteren Tauchgänge nahmen wir einen Kompressor sowie eigenes Equipment mit (s. Hinweise zur Gesetzeslage unten im Infokasten). Für diese Tauchspots hatte ich im Internet die Position herausfinden können oder wir kannten sie bereits.

Tauchen am Wrack eines (noch) namenlosen Frachtschiffs
Ein sehr schön zu betauchendes Wrack befindet sich auf dem Südpeloponnes in der Nähe des Hafenstädtchens Plitra. Ich habe mehrere Jahre lang versucht, genauere Infos über das Schiff herauszubekommen – und jetzt im September ist es mir tatsächlich gelungen! Ich habe den Autor eines Buches über ein Flugfeld der Luftwaffe in der Gegend von Molaoi ausfindig gemacht, von welchem aus Angriffe auf das von den Engländern besetzte Kreta geflogen wurden. Seiner Aussage zufolge handelt es sich bei dem Schiff um eines von zwei Schiffen der griechischen Marine, das am 26. April 1941 von Gythion in Richtung Kreta fuhr. Es hatte 180 Kadetten an Bord, die den Kampf auf Kreta gegen die Deutschen fortsetzen wollten. Auf Grund von Sturm und schweren Seegangs unterbrach das Schiff seine Fahrt und machte in Xyli/Plitra in einer geschützten Bucht fest, wo die Kadetten das Boot zur Sicherheit verließen und sich an Land versteckten. Am 27. April sichtete die Luftwaffe das Schiff und versenkte es schließlich nach mehreren Angriffen. Nach der Versenkung machten sich die Kadetten auf den Weg nach Plitra, von wo aus sie sich weiter nach Kreta absetzten und am 29. April den Kampf gegen die Deutschen fortsetzten. Das sind wirklich super Infos und sogar den Namen des Kapitäns konnte er mir nennen: Rigas Mattheos. Nun fehlt nur noch der Name des Schiffes – und der dürfte nach diesen Informationen nur noch eine Frage der Zeit sein!

Leider ist das Wrack nur per Boot zu erreichen und es gibt keine Tauchbasis in der näheren Umgebung. Außer man hat das vollständige Tauchequipment, ein Boot und einen Kompressor dabei, gibt es keine Möglichkeit, an diesem Wrack zu tauchen. Da meine Eltern in der Gegend ein Ferienhaus samt Boot besitzen, wurde dieses Wrack zu unserem Hauswrack. Wir bewundern es bei jedem Griechenlandurlaub aufs Neue!

In diesem Jahr haben mein Vater und ich uns mit der Vermessung beschäftigt: Das Wrack ist 40 Meter lang und hat eine Breite von etwa 5,5 Metern. Das Wrack liegt in einer Tiefe zwischen neun und 12 Metern und steht aufrecht auf sandigem Grund. Beschädigungen wie seitlich zu sehende Einschusslöcher und das sehr zerstörte hintere Deck zeigen deutlich die Spuren des Angriffs. Kleinere Teile der Holzbeplankung sind nach über 60 Jahren noch vorhanden, ebenso der Propeller, die Ankerkette und das Rudergestänge. Die Maschine wurde geborgen.

Koordinaten: Das Wrack liegt auf N 36°39’48.87″, E 22°49’21.37″

Tauchen in einer versunkenen Stadt: Ancient Asopos
Etwas hinter dem verträumten Hafenstädtchen Plitra gelegen befindet sich die versunkene Stadt Asopos. 365 vor Christus bei einem starken Erdbeben abgerutscht, befinden sich heute sowohl über als auch unter Wasser noch diverse Reste der einstigen Hafenstadt. Grundmauern, Reste eines Theaters, abertausende Tonscherben sowie ein Brunnen können auf Grund der geringen Wassertiefe von drei bis sieben Metern sowohl betaucht als auch erschnorchelt werden! An der Oberfläche befinden sich Säulenreste, ein mittlerweile umzäuntes Mosaik, sowie Reste von riesigen Tongefäßen, welche größtenteils von Gestein und tonfarbenem Sand umgeben sind.

Tipp: Als Einstieg bietet sich eine kleine Bucht hinter dem Ort an. Man kann mit dem Auto direkt davor parken, der Weg dorthin ist jedoch etwas holprig und nicht befestigt. Ist man angekommen, führt eine kleine Treppe zu einem Kiesstrand, von wo aus man problemlos ins Wasser kommt. Der Einstieg über die Felsen ist nicht empfehlenswert, da sie scharfkantig sind und von Seeigeln bewohnt werden.

Koordinaten: Ancient Asopos liegt auf N 36°41’3.18″, E 22°50’35.30”

Meeresgrund voller antiker Amphoren: Limeni
Wer Interesse an archäologischem Tauchen hat, sollte bei einem Griechenlandurlaub auf keinen Fall den Tauchplatz Limeni verpassen! Nach bisherigen Informationen handelt es sich hier um ein 100 vor Christus gesunkenes, mit Amphoren beladenes Schiff. Von dem Schiff ist heutzutage nichts mehr zu sehen, jedoch liegt seine Ladung breit verstreut auf dem felsigen Grund in etwa 15 bis 30 Metern Tiefe.

Das Scherbenfeld umfasst ungefähr 500 bis 700 Quadratmeter. Im unteren Teil befinden sich sogar noch ein paar vollständig erhaltene Amphoren!

Tipp: Der Tauchplatz ist gut mit dem Auto zu erreichen und bietet Parkmöglichkeiten sowie genügend Platz um sein Equipment vorzubereiten. Der Einstieg erfolgt über eine Boots-Slipanlage, von welcher man gemütlich in sechs bis sieben Metern Tiefe zum Scherbenfeld tauchen kann.

Koordinaten: Limeni liegt auf N 36°40’52.34″, E 22°22’20.37″

Amphora

Gewaltiges Wrack: Tauchen am Eurobulker X
Zwei der eindrucksvollsten Tauchgänge in meiner bisherigen Taucherkarriere haben wir am Wrack des Eurobulker X erlebt. Das Wrack ist auf jeden Fall einen Besuch wert: Die riesigen Kräne und Laderäume, die Aufbauten, der massive Propeller und das Ruder sind derart gewaltig, dass man sich daneben winzig vorkommt!

Der Eurobulker X war ein mit Zement beladener Cargobulker, der am 1. September 2000 durch eine Ladungsverschiebung in der Mitte zerbrach, unterging und dabei einen Menschen das Leben kostete. Auf Grund der ursprünglichen Schiffslänge von 196 Metern ist das Wrack nicht in nur einem einzigen Tauchgang zu erkunden. Unser erster Tauchgang führte uns an der Bruchstelle in einen Laderaum, in welchem der Grund mit Zement bedeckt war. Hier sollte man gut Tarieren können, da man sonst schnell die Sicht verliert.  Danach ging es an der Bruchkante hinauf und an Deck entlang bis zu den hinteren Aufbauten, an denen wir langsam, aber sicher austauchten, um in etwa 23 Metern Tiefe den riesigen Kränen in Richtung Oberfläche zu folgen.

Der zweite Tauchgang an diesem Wrack führte uns hinab zum Propeller. Anschließend stiegen wir hinter dem Schiff etwa 15 Meter auf, bis wir das Deck erreichten und wir uns die hinteren Aufbauten anschauen konnten. Ausgetaucht wurde rund um die Aufbauten herum, wobei wir auch die Brücke von innen besichtigten. Zum vorderen Teil des Schiffes sind wir leider nicht mehr gekommen, das hätte den zeitlichen Rahmen gesprengt – es sind rund zwei Stunden Bootsfahrt für An- und Abreise einzuplanen.

Ich werde definitiv wiederkommen, dann jedoch schwereres Geschütz (eCCR + Dekostages) auffahren und mir das Wrack noch von vorne und innen ansehen. Die Organisation durch die Basis war vorbildlich und verlief reibungslos.

Koordinaten: Eurobulker X liegt auf N 38°22’16“, E 23°41’47“

Weitere Infos unter www.sea-wrecks.gr und www.wrecksite.eu.

Das Wrack der SS Kyra Eleni
Am 6. Januar 1978 geriet die SS Kyra Eleni, heute ebenfalls ein betauchbares Wrack, in starken Sturm und lief auf Grund. Dabei trat Wasser in den Maschinenraum, das Schiff begann zu sinken. Die Besatzung schaffte es rechtzeitig von Bord und konnte sich in Sicherheit bringen bevor das Schiff wenig später endgültig rund 30 Meter von der Küste entfernt unterging. 1980 wurde der Propeller und in den darauf folgenden Jahren weitere Teile des Schiffs geborgen. Seitdem sind nur noch Bug und Heck als solche zu erkennen, der Rest des Schiffes gleicht einem Trümmerfeld. Der Bug liegt nahe der Küste auf 17 Metern Tiefe, das Heck liegt auf rund 30 Metern abseits der Küste.

Das Wrack ist unter den Tauchbasen rund um Athen bekannt und wird häufig angelaufen. Der Tauchgang wurde durch einen Guide begleitet und führte uns zunächst ab der Mitte in Richtung Heck. Anschließend wurde ums Heck herum in Richtung Küste zum Bug des Schiffes getaucht und am Riff ausgetaucht. Ein wirklich schöner Tauchgang, bei dem man nicht nur das Wrack, sondern auch einige schöne Impressionen beim Austauchen mitnehmen kann. Die Organisation durch die Tauchbasis lief auch hier professionell und reibungslos.

Koordinaten: Kyra Eleni liegt auf N 37°38’39.95″, E 23°56’40.92″

Weitere Infos zum Wrack bei www.sea-wrecks.gr und www.wrecksite.eu.

Autowracks und viele Details: Car Cemetery
Der so genannte Autofriedhof ist eine Ansammlung von Fahrzeugen auf einer Tiefe von 14 bis 32 Metern. Es wird gemunkelt, dass es sich hierbei um die Autos von Versicherungsbetrügern handelt. Ich habe aber auch schon gehört, dass die Autos für Filmaufnahmen die Hänge herunter gejagt worden sind. Was davon wahr ist, konnte ich bisher nicht herausfinden, es tut aber eigentlich auch nichts zur Sache, denn nett zu betauchen ist der Autofriedhof so oder so.

Da der Spot genau auf dem Weg zur Kyra Eleni liegt, sollte man ihn sich nicht entgehen lassen! Vor allem das Austauchen hat mir viel Spaß gemacht: Wenn man Fische zwischen den Achsen und Motorblöcken herumschwimmen sieht und ein Auge für die kleinen Dinge hat, erkennt man, dass Flora und Fauna hier für griechische Verhältnisse wirklich schön sind!

Koordinaten: der Autofriedhof liegt auf N 37°40’17.49″, E 23°56’20.35″

Das Wrack des Lazarettschiffs SS Andros
Die etwa 80 Meter lange und mit Dampf angetriebene SS Andros wurde 1915 in Dienst gestellt und diente zur Zeit des Zweiten Weltkrieges als Lazarettschiff der griechischen Marine. Gekennzeichnet mit deutlich sichtbaren roten Kreuzen auf den Seiten und an Deck, fiel es 1941 einem Angriff der deutschen Luftwaffe zum Opfer, bei dem drei der Besatzungsmitglieder sowie zwei Krankenschwestern ihr Leben verloren.

Zwischen 1957 und 1959 wurde das Schiff aus einer Tiefe von etwa 25 Metern gehoben und verschrottet. Es verblieben jedoch einige zum Teil recht große Trümmer, die beim Einschlag der Fliegerbomben von Bord gerissen wurden oder sich im Laufe der Zeit durch Korrosion oder bei den Bergungsarbeiten gelöst haben. Das Trümmerfeld erstreckt sich heute über einen etwa 2000 Quadratmeter großen Bereich in einer Tiefe zwischen 18 und 25 Metern. Die Sichtweiten am Wrack sind auf Grund der Nähe zum Kanal von Korinth nicht immer perfekt, lagen bei unserem Tauchgang jedoch immer noch bei etwa zehn bis zwölf Meter.

Tipp: Der Einstieg ist praktisch gelegen, da ein Parkplatz angrenzt, auf welchem man in aller Ruhe die Ausrüstung vorbereiten kann. Vom Parkplatz aus geht dann eine kleine Treppe zu einem etwa drei Meter breiten Kiesstrand, von dem aus man direkt ins Wasser abtauchen kann.

Koordinaten: die SS Andros liegt auf N 37°58’56.26″, E 22°58’11.68″

Weitere Infos bei www.sea-wrecks.gr und www.wrecksite.eu.

Einer der schönsten Wracktauchplätze Griechenlands
An der rechten Südspitze des Peloponnes, nahe der Stadt Neapoli, liegt einer der wohl schönsten OWD-Wracktauchplätze in Griechenland. Am 30. Januar 1978 versank hier aus bisher ungeklärter Ursache die etwa 60 Meter lange Kaptain Ismail Hakki und liegt seit dem in etwa elf Metern Tiefe auf ihrer linken Seite im weißen Sand. Durch holprige Zuwege und der großen Entfernung zur nächsten Tauchbasis (ca. 200 Kilometer) vor dem Tauchtourismus weitestgehend geschützt, ist das Wrack heute immer noch in einem sehr guten Zustand.

Es liegt in etwa 100 Meter Entfernung zum Ufer und ist vom Einstieg etwa 250 Meter entfernt. Da man seinen dunklen Schatten bereits von der Oberfläche aus sehen kann, empfiehlt es sich den Hinweg an der Oberfläche mit einem Schnorchel zurückzulegen, so dass man mehr Luft für die Besichtigung des Wracks hat.

Tipp: Da der Tauchplatz inmitten eines versteinerten Waldes liegt, dürfte er auch für Nichttaucher von Interesse sein. Bereits in Neapoli ist der „Petrified Forest“ von Agia Marina ausgeschildert.

A female scuba diver explores a sunken shipwreck